Aargauer Kapellen

Marienkapelle, Hägglingen (Rüti)

Standort: Hägglingen

Karriere als Traukapelle

Es hätte nicht viel gefehlt, und die beschauliche Kapelle im Weiler Rüti bei Hägglingen hätte sich zur Mitte des 20. Jahrhunderts inmitten eines künstlich angelegten Kriegsgebietes wiedergefunden. Das Eidgenössische Militärdepartement plante ob Hägglingen einen Panzerübungsplatz, gab jedoch nach kontroverser Diskussion dieses Vorhaben wieder auf. Möglich, dass Maria, der die Kapelle als «Mutter von der immerwährenden Hilfe» im Jahre 1890 geweiht wurde, die ortsansässigen Bauern in ihrem Anliegen unterstützte, das Gebiet samt Kirchlein als Ort der Ruhe und Erholung zu bewahren. So «verbrandete der Weltlärm», um es mit den Worten des Aargauer Dichters Georg Gisi auf den Punkt zu bringen. Gisi war übrigens nicht der einzige Literat, der den Weiler Rüti mit seiner Kapelle mit Wortkunst berücksichtigte. 
 

Engagierter Kapellenverein

Angesichts der zuvorkommenden Lage, die bei schönem Wetter einen herrlichen Blick ins Reusstal erlaubt, verwundert es nicht, dass das kleine Kirchlein als Heiratskapelle Karriere machte. Für kirchliche Trauungen gern erwählt, erhob die Gemeinde Wohlen die Kapelle in den Rang eines offiziellen Traulokals. Seither kann im Kirchlein ob Hägglingen auch weltlich geheiratet werden. Möglich ist dies dank des örtlichen Kapellenvereins, der sich im Wesentlichen aus Mitgliedern der ortsansässigen Familien zusammensetzt. Viele von ihnen treten in die Fussstapfen ihrer Eltern, Grosseltern, teils sogar Urgrosseltern. Stets wird der Blumenschmuck neu arrangiert, die Kapelle für Hochzeiten festlich hergerichtet.
 

Seit der Renovation wird jährlich gefeiert

1979 wurde das Kirchlein aufwendig renoviert und frisch geweiht. Der Turm bekam seine heutige Gestalt, das Fundament verstärkt, der Innenraum aufgefrischt, Fenster und Bestuhlung erneuert sowie Altar und Altarbild restauriert. Reichten seinerzeit für den Bau des Kirchleins knapp vier Tausend Franken, so verschlang der Umbau über neunzig Tausend Franken. Seither wird bis auf den heutigen Tag jeweils am Sonntag nach Maria Himmelfahrt in Rüti ein Kapellenfest gefeiert. Angeregt hatte dies der damalige Kantonaldekan Helbling, der am 26. August 1979 die Altarweihe vornahm.
 

Marienbild im Ikonenstil

Im Inneren präsentiert sich dem Besucher eine schlichte, beschauliche Atmosphäre. Unmittelbar ins Auge sticht der neugotisch gearbeitete Altar, der seinerzeit für die Kapelle von einem Kirchenkunstatelier in Klingnau gefertigt wurde. Das Herzstück der Arbeit bildet ein Marienbild im Stil einer Ikone. Von den ursprünglich verbauten Glasfenstern sind noch jene im Chor erhalten. Sie zeigen Maria und Josef, das heilige Paar. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde ein aus Lindenholz geschnitzter Kruzifixus, im Kunsthandel erworben, sowie ein Rosenkranz aus Elfenbein ergänzt. Beide Kunstgegenstände befinden sich an den Wänden des Kapellenschiffes. (acm)
 

Spiritueller Impuls: gebet um einbildungskraft

maria
mutter des wortes
lehre uns
deine kinder
deine kirche
das wort hören
lehre uns hören
lehre uns
sprechen
lehre uns neu sprechen
wie damals zu pfingsten
das angstfreie wort
das alle verstehen
über alle grenzen und schranken
und gräben hinweg
maria
mutter des wortes
lehre uns mit viel phantasie
die nähe des gottesreiches
zur sprache zu bringen
lehre uns sprechen
wie eine mutter
die mit ihrem säugling spricht
lehre uns sprechen
wie eine mutter
mit ihren kindern spricht
dass sie ihr ohr weit öffnen
ganz ohr sind
dass sie aufhorchen
maria
mutter des wortes
lehre uns sprechen
mit der einbildungskraft
der propheten
das wort vom nahen gottesreich
maria
mutter des wortes
lehre uns
hoffnung weitersagen
an die ärmsten der armen
die keine hoffnung haben
lehre uns sprechen
zu den sprachlosen
und
zu den wortgewandten
lehre uns sprechen
zu den unweisen
und weisen
dass sie stutzig werden
maria
mutter des wortes
lass unser wort
zu einer entscheidenden
herausforderung werden

Auszüge aus einem Text des deutschen Pfarrers und Lyrikers Wilhelm Willms (1930 – 2002)

Standort

ÖV: Via Dietikon/Bremgarten oder Lenzburg nach Wohlen. Von dort aus mit Bus in Richtung Hägglingen Altersheim. Von dort aus zu Fuss in etwa einer halben Stunde der Huemattentrasse und Vorstadt bis nach Rüti (die Strasse führt direkt zur Kapelle).

Individualverkehr: Via Dietikon, Bremgarten und Wohlen nach Dintikon/Hägglingen. Dort in Richtung Kirche/Altersheim und von dort aus der Huemattenstrasse und Vorstadt bis nach Rüti folgen (Parkplätze bei der Kapelle vorhanden).
 

Öffnungszeiten

Tagsüber geöffnet
 

Kontakt

Römisch-Katholische Kirchgemeinde Hägglingen, Tel. 056 624 12 38
www.wohlen.ch/de/portrait/traulokale/