Kapellen
Agathakapelle, Ehrendingen
Hochmittelalterlicher Kernbau
Die anfangs der 1940er-Jahre durchgeführte Renovation der Agathakapelle im alten Dorfkern von Unterehrendingen brachte Erstaunliches zutage: Ein Grossteil der Mauern des Gebäudes reichen ins Hochmittelalter zurück. Zusätzliche Erkenntnisse gewannen die Archäologen während der Renovation von 1994. Von der Strasse her fällt das winzige romanische Rundbogenfenster der Südwand auf, das dem 11. oder 12. Jahrhundert zugeordnet wird. In diese Zeit datieren auch Spuren eines zugemauerten Portals am Westende der Südfassade, während der heutige Eingang sowie der Choranbau von einem im 16. Jahrhundert erfolgten Umbau stammen. Rätselhaft geblieben ist eine 1,8 m dicke Mauer, die etwa 2 m unter dem Kapellenboden verläuft und sich beidseitig ausserhalb des Gebäudes fortsetzt. Sie konnte auch im Keller des nördlichen Nachbarhauses festgestellt werden.
Ersatzkirche
In den Schriftquellen lässt sich die Kapelle zwar nicht bis in ihre Frühzeit, aber immerhin bis ins Mittelalter zurückverfolgen. 1370 war das Gotteshaus eine Filialkirche der Pfarrei Niederweningen, die dem Konstanzer Domkapitel unterstand. Schon damals befand sich neben der Kapelle eine Gaststätte. Die Taverne wurde 1319 vom Bischof von Konstanz dem Freiherren Lütolf von Regensberg abgekauft und der Kirche von Niederweningen übergeben. Bei der Reformation wechselte Niederweningen zum neuen Glauben. Ober- und Unterehrendingen blieben katholisch und benutzten die Kapelle einige Jahrzehnte für Pfarrgottesdienste. Diese Aufwertung des Kirchleins führte möglicherweise zur Vergrösserung der Kapelle in der frühen Neuzeit.
Gerettete Statuen?
Ob die drei spätgotischen Statuen der heiligen Frauen Agatha, Verena und Margareta einst in der Pfarrkirche von Niederweningen standen und während der Reformationswirren in der Ehrendinger Kapelle einen neuen Platz gefunden haben, wie die mündliche Überlieferung berichtet, ist nicht belegt. Datiert werden die Figuren ins frühe 16. Jahrhundert. Verena und Margareta zieren als Relief auch die Glocke vor dem Gotteshaus. Sie wurde der Kapelle 1639 vom Konstanzer Domkapitel geschenkt. Beachtenswert ist das frühbarocke Retabel. Es beherbergt ein eindrückliches, früher an der Kapellenwand gehangenes Renaissancebild von 1627. Maria und der Apostel Johannes der Jüngere betrauern den gekreuzigten Jesus. Das Kreuz ist gemalt, der Korpus aus dem 16. Jahrhundert hingegen plastisch dargestellt. In die Renaissancezeit datieren auch Reste von Schablonenmalereien an der Holzdecke. (lh)