Kapellen
Antoniuskapelle, Oberalikon bei Sins
Opfer gegen Bettnässen
Es gehört zu den Eigenarten der Volksfrömmigkeit, dass sich rund um Kapellen seltsam anmutende Gebräuche entwickeln. So wissen die Alteingesessenen in Alikon davon zu erzählen, wie Bettnässer-Kindern der Gang zur Antoniuskapelle angeraten wurde. Sie sollten dem Heiligen Antonius opfern, auf das sie von ihrem Leiden erlöst würden. Die Alten kennen daher die kleine Wegkapelle an der Verbindungsstrasse zwischen Alikon und Abtwil auch unterm dem Namen «Bettseicherli-Kapelle».
Einst privat, heute Allgemeingut
Bereits für das 16. Jahrhundert finden wir an besagter Stelle ein «Wegheiligtum« erwähnt. Gesichert ist jedoch, dass die Kapelle um 1634 von den Pächtern des anrainenden «Töni-Hofes» gestiftet wurde, um den Hof, der ausserhalb des Ortsschutzes lag, mit der Errichtung einer Kapelle unter besonderen Schutz zu stellen. Dafür spricht jedenfalls die Darstellung des Wüstenvaters Antonius im Inneren der Kapelle. Der «Säu-Toni» stand seit jeher bei den Bauern auf dem Lande in hohem Ansehen. Als 1901 beim Bau der neuen Verbindungsstrasse die Wegkapelle im Weg stand, wurde sie unweit des alten Standortes neu aufgerichtet. Die letzte Renovation geht auf das Jahr 1980 zurück: Der Gerechtigkeitsverein Alikon stellte die Kapelle aus eigenen Mitteln in Stand und kümmert sich bis heute um deren Unterhalt.
Mit Glöckchen und Schwein
Wie es sich für ein Antonius-Heiligtum gehört, befindet sich auch im «Tönikäppeli», wie die Einheimischen sagen, eine ansprechende Darstellung des Eremiten. Die handwerklich barocke Statue zeigt den Einsiedler mit den gewohnten Insignien, dem Glöckchenstab und dem Schwein. Das sogenannte Antonius-Schwein und die Glöckchen gehen auf einen Brauch in Frankreich zurück. Ein französischer Ritter soll um 1070 die Reliquien des heiligen Antonius in das Kloster Saint Antoine (bei Grenoble) gebracht haben. Als gegen Ende des 11. Jahrhundert eine Seuche wütete, suchten die Menschen Zuflucht beim Heiligen Antonius in Grenoble. Im Zuge der Pilgerbewegungen entstand der Antoniter-Orden, der sich um die Wallfahrer kümmerte. Unter den wohlhabenden Pilgern entstand der Brauch, den Mönchen ein Schwein zu stiften. Diesen Schweinen band man, damit sich niemand an ihnen vergriff, Glöckchen um den Hals. Zudem durften die Mönche ihre Schweine auf Kosten der Allgemeinheit frei weiden lassen. (acm)