Kapellen
Kapelle Gippingen, Leuggern
Schwarzer Tod und Wassernot
Nach einem verheerenden Pestzug gelobten die Gippinger 1511, jedes Jahr den St.-Oswalds-Tag (5. August) zu feiern, um in Zukunft von der Seuche verschont zu bleiben. Der Heilige aus Nordumbrien, Patron der englischen Könige und der Stadt Zug, wurde als Fürbitter gegen die Pest verehrt. Als einmal mehr der Schwarze Tod drohte, beschlossen die Gippinger 1669 zur Abwehr der Seuche die Errichtung einer Kapelle. Bei der Weihe der Kirchleins 1673 kam St. Oswald allerdings nicht mehr zu Ehren: Maria, Sebastian und Rochus hiessen die Patrone des neuen Gotteshauses.
1711 richtete ein Aarehochwasser im Dorf grosse Schäden an. Man musste gar befürchten, die Wassermassen könnten die Kapelle fortreissen. Soweit kam es nicht. An das Ereignis erinnert eine Votivtafel. Das Ex Voto, es hängt heute in der Dorfkapelle, zeigt den Gekreuzigten zwischen Maria, Johannes, Antonius von Padua und Fridolin von Säckingen. Letzterer galt nicht nur als Bauern- und Viehpatron, sondern in einigen Gebieten auch als Fürbitter bei Wassergefahr. Damals beschlossen die Gippinger, fortan auch den Fridolinstag (6. März) als Festtag zu begehen. Auf dem Votivbild ist zudem die alte Kapelle zu sehen. Offenbar verursachte 1712 ein erneutes Hochwasser am Kirchlein derart massive Schäden, dass es abgerissen werden musste. 1715/16 errichtete die Dorfbevölkerung an einer anderen Stelle die heutige Kapelle.
Kirchweih und „Chürbse-Chilbi“
Der Altar stammt möglicherweise noch aus der Vorgängerkapelle. Das Hauptbild vereinigt alle drei Kapellenpatrone: Sebastian und Rochus verfolgen die Krönung Marias. Das Oberblatt zeigt eine Darstellung des hl. Hieronymus – für eine Aargauer Dorfkapelle eher ungewöhnlich. Die Verehrung des Kirchenlehrers in Gippingen steht im Zusammenhang mit dem erwähnten Oswalds-Tag. Da dessen Namenstag, der 5. August, in die Erntezeit fällt, haben die Gippinger den Festtag 1616 auf den 30. September verlegt, auf den Tag des hl. Hieronymus.
Am letzten Sonntag des Septembers feiern die Gippinger ihre „Chilbi“ (Kirchweih) mit einem Festgottesdienst auf dem Kapellenvorplatz. Am selben Tag organisierte der Kapellenverein Gippingen/Felsenau auch die „Chürbse-Chilbi“, ein alter Brauch, bei dem abends die Kinder selbst geschnitzte und beleuchtete Kürbisse in einem Umzug durch das Dorf trugen. Desinteresse der älteren Schüler und der Dorfbevölkerung bewogen den Verein 2013, fortan auf die Organisation des Anlasses zu verzichten. (lh)