Kapellen
Laurentiuskapelle, Erlinsbach
Konfessioneller Grenzstein
Die zur Saalhöhe oberhalb Erlinsbach führende Passstrasse gibt den Blick auf die Laurentiuskapelle erst spät frei. Brav hat sich das Kirchlein in das langgezogene Spalier der Liegenschaften am Strassenrand eingereiht, umgeben von einer friedlich anmutenden, kleinen Parkanlage. Nichts erinnert mehr daran, dass hier noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wüste Auseinandersetzungen zwischen jungen Katholiken und Protestanten getobt hatten. 1697 erbaut, fungierte die Kapelle als eine Art «konfessioneller Grenzstein» und vergegenwärtigte jenen Graben, der zur Reformationszeit im 16. Jahrhundert die Gemeinde Erlinsbach gespalten hatte. Seither spricht man von den Erlinsbachern auch als den «Speuzern». Dies, weil die Leute beider Ortsteile anlässlich des sonntäglichen Kirchgangs voreinander ausspuckten.
Eine Thermalquelle schürt Heilserwartungen
Nicht zuletzt schreibt das kleine Kirchlein in Obererlinsbach die Geschichte jener Kapelle fort, die bereits um 1100 weiter oben am Südfuss der Saalhöhe gestanden haben soll, im Laurenzenbad. Über das Aussehen jenes Kirchleins weiss man nichts mehr. Es ist jedoch anzunehmen, dass es im Zuge der Reformation zerstört wurde. Die neue Kapelle in Obererlinsbach wurde jedenfalls wieder dem Heiligen Laurentius geweiht. Noch im Mittelalter versprach die Anbetung des Heiligen Laurentius in Verbindung mit einem Bad in der unmittelbar bei der Kapelle austretenden Thermalquelle Heilung und Linderung bei Krankheiten. Es geht sogar das Gerücht einer Wunderheilung im Laurenzenbad. Übrig geblieben aus jener Zeit sind eine spätgotische Plastik, die den Gekreuzigten in den Armen von Maria zeigt, sowie die Halbfigur eines «Schmerzensmannes». Beide Objekte sind in der Obererlinsbacher Kapelle zu sehen.
Neues Kloster an alter Stätte
Bis 2011 wurde im Laurenzenbad das gleichnamige Krankenheim geführt. Dieses befindet sich heute in der Klinik Barmelweid. Die Gebäude im Laurenzenbad wurden an die Thurgauer Klara-Schwestern verkauft. Seit August 2011 unterhalten die Klarissen am historischen Ort auf Aargauer Boden einen Klosterbetrieb. Als längerfristiges Ziel erhoffen sich die Schwestern die Freilegung der Quelle sowie die Neuerrichtung der alten Kapelle.
Hand in Hand
Der Neubau der Kapelle von 1697 diente den Obererlinsbachern als Dorfkirche. Noch immer wird dort allwöchentlich eine heilige Messe gefeiert. Im Laufe der Jahrhunderte erfuhr das Kirchlein kleinere bauliche Veränderungen, die dem künstlerischen Geist der jeweiligen Epoche Rechnung trugen. Eine letzte, umfassende Renovation geht auf das Jahr 1979 zurück. Reformierte und Katholiken, Aargauer wie Solothurner arbeiteten Hand in Hand, um das Mauerwerk mit Beton und Eisen zu unterfangen, den Glockenstuhl wieder herzurichten und im Inneren die wertvollen Fresken aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu restaurieren. Diese zeigen zweimal die solothurnischen Patrone Urs und Viktor. Dazwischen thront würdevoll inmitten des Chors ein frühbarocker Altar, in dessen Zentrum der Heilige Laurentius mit Palmzweig und Feuerrost auf die versammelten Gläubigen herabblickt. Sekundiert wird der Märtyrer vom Evangelisten Johannes und dem Heiligen Wendelin. (acm)