Kapellen
Nepomukkapelle, Full-Reuenthal
Mehr Schein als Sein
Am 13. September 1795 weihte der Pfarrer von Leuggern die neue Kapelle in Full. Ob es sich um einen gänzlichen Neubau oder um eine Vergrösserung einer bereits bestehenden Kapelle handelte, ist nicht geklärt. Zumindest deuten die mündliche Überlieferung und eine Glocke aus dem Jahr 1729 auf ein älteres Gotteshaus hin. Kapellenpatron Johannes Nepomuk gilt als Fürbitter bei Wassergefahren. Dies erklärt, weshalb die in der Rheinebene wohnenden Fuller ihn zum Patron ihres Kirchleins ernannten. Unter einem Kuppelbaldachin zeigt das Hochaltarbild den Heiligen. Zwei Engel öffnen die Vorhänge des Baldachins und geben den Blick auf Nepomuk frei. Allerdings: Der Baldachin ist zweidimensional, gemalt auf die Scheitelwand des Chores. Improvisiert wurde auch bei den Seitenaltären, denn die Säulen und das Gebälk der hölzernen Altaraufsätze sind lediglich Malereien. Offensichtlich wollten die Fuller, um Kosten zu sparen, mit möglichst wenig Aufwand eine ansprechende Ausstattung ihrer Kapelle erreichen.
Gnadenbild mit Wickelkindern
Im Kapellenschiff verdient ein Bild besondere Aufmerksamkeit: Es zeigt Maria mit dem Jesuskind, umgeben von fünf Wickelkindern, eines davon ist golden. Früher haben vor allem Wöchnerinnen dieses Bild verehrt. Wahrscheinlich stammt es aus dem habsburgischen Raum, zu dem bis vor gut 200 Jahren auch die gegenüberliegende Rheinseite gehörte. Der Bezug des Gemäldes zu Österreich ist gegeben: Die Darstellung der Gottesmutter – ohne die Wickelkinder – lehnt sich an das berühmte Gnadenbild Mariahilf im Innsbrucker Dom an. Besonders im deutschsprachigen Raum finden sich unzählige Kopien des Bildes in Kirchen und Kapellen. Ein Abbild hängt auch unter der Empore der Fuller Kapelle. Kaiserin Maria Theresia war eine grosse Verehrerin des Gnadenbildes. Nach der glücklich erfolgten Geburt des Thronfolgers und späteren Kaisers Josef II. 1741 schenkte sie dem Innsbrucker Gnadenbild eine Figur aus Gold, deren Gewicht demjenigen des Neugeborenen entsprach. Auf diese Votivgabe weist das goldene Wickelkind auf dem Fuller Gemälde hin. Auf dem Bild ist zudem die Krone der Erzherzöge von Österreich dargestellt.
Grosse Herausforderung
Kapellengebäude wie auch die in mancherlei Hinsicht interessante Innenausstattung benötigen eine umfassende Sanierung. Eine Herausforderung für den Kapellenverein, dem das Kirchlein seit 1947 gehört, werden doch mit Kosten von gegen 500‘000 Franken gerechnet. Die vielen Spenden stimmen zuversichtlich, dass das Gotteshaus bald in neuem Glanz erstrahlen wird. (lh)