Kapellen
Schlosskapelle, Mellikon
Ans Schlössli gebaut
Nach dem Erwerb der Burgen und Herrschaften Böttstein 1606 und Bernau bei Leibstadt 1635 liess sich die Urner Aristokratenfamilie von Roll auch im Dörfchen Mellikon nieder. Hauptmann Jost von Roll kaufte hier einen Lehenshof des Chorherrenstifts Zurzach, später erweiterte er seinen Besitz. Jost residierte nicht in stattlichen Palästen wie viele seiner Verwandten. Sein einstiger Wohnsitz wird heute zwar als „Schlössli“ bezeichnet, doch handelt es sich beim 1561 erbauten Gebäudekomplex um einen ehemaligen Meierhof des Verenastiftes. 1645 erweiterte Jost von Roll das Schlössli mit einer dem heiligen Martin geweihten Kapelle. Für den frommen Urner diente das Gotteshaus nicht nur als Hauskapelle, sondern im konfessionell gemischten Dorf auch der „Wahrung und Fortpflanzung“ der katholischen Religion. Die grosszügige Ausstattung der Kapelle mit Kapitalien erlaubte das Lesen von bis zu drei Messen pro Woche. Zuerst war ein Hofkaplan, später der Pfarrer von Wislikofen für das Feiern der Gottesdienste verantwortlich.
Adelsgrab vor dem Chor
Von ihrer Wohnung gelangten die Hausbewohner durch eine Tür auf eine kleine Empore. So blieben die Herrschaften während des Gottesdienstes unter sich, getrennt vom einfachen Volk. Die Empore existiert nicht mehr, die Türöffnung hat sich unter dem Verputz erhalten. Ein Mitglied der Familie, der 1691 verstorbene Franz Meinrad, fand seine letzte Ruhestätte vor dem Chor. Neben dem Eingang erinnert ein Epitaph mit Wappen an den Verstorbenen. Ausser auf einem kleinen Bild über dem breiten Chorbogen ist Kapellenpatron Martin im Raum nicht präsent. Das grosse Altarbild zeigt Sankt Blasius mit einem Jungen. Es dürfte älter sein als die aufgemalte Jahreszahl 1820. Auffallend sind die beiden Reliquienkästchen auf dem Altar.
Diskussion über Gottesdienste
Seit 1950 gehört die Schlosskapelle der katholischen Kirchgemeinde Zurzach. Einmal im Monat findet ein Gottesdienst statt. Vor ein paar Jahren, als die Gottesdienstbesucher immer weniger wurden und sich manchmal kaum noch eine Handvoll Gläubige einfand, suchten die Verantwortlichen der Pfarrei das Gespräch mit der Dorfbevölkerung. Anlässlich einer Versammlung im Dorfrestaurant diskutierte man über die Zukunft der Gottesdienste in der Schlosskapelle. Danach verbesserte sich die Teilnahme an den Gottesfeiern, denn viele Melliker wollten dieses spirituelle Angebot vor Ort nicht einfach aufgeben. (lh)