Kapellen
Ursulakapelle, Münchwilen
Der letzte Einsiedler
1989 wurde bei Grabarbeiten neben dem Eingang der Münchwiler Kapelle das Skelett des 1791 verstorbenen Johann Werner entdeckt. Werner war der letzte Mönch von Münchwilen. Seit 1719 bewohnte er das Einsiedlerhaus und betreute die angebaute Kapelle. Diese wurde noch im 19. Jahrhundert von Wallfahrern und Prozessionen aus der näheren Umgebung und dem angrenzenden Schwarzwald besucht. Wann sich hier die ersten Eremiten niederliessen, ist unbekannt. Von den Mönchen leitet sich der kurz nach 1300 erstmals erwähnte Dorfname ab. Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Alter der Einsiedelei, ist ein an der nördlichen Aussenwand der Kapelle eingelassenes, romanisches Fenstergewände bemerkenswert. Es datiert etwa in die Zeit um 1200 und stammt vielleicht von einem Vorgängerbau der heutigen Kapelle.
Göttlicher Gnadenstuhl
Das heutige Aussehen von Kapelle und Einsiedlerhaus geht weitgehend auf die Erweiterungs- und Renovationsphase von 1718/19 zurück. Hans Freitag aus Rheinfelden, einer der bedeutendsten Bildhauer am Hochrhein im Zeitalter des Barock, schuf den Hochaltar sowie die Marienstatue im Schiff. Neben dem von unbekannter Hand geschaffenen Altarbild mit einer Darstellung der Heiligen Ursula zieren die Heiligen Leodegar (links) und Johann Nepomuk das Retabel. Zuoberst zeigt ein Relief den «Göttlichen Gnadenstuhl»: den von einer Taube (Heiliger Geist) überhöhten, auf einem Thron sitzenden Gottvater, das Kreuz mit Jesus in den Händen haltend.
Zweifach gesicherter Opferstock
An der südlichen Schiffswand hängt ein von Iodocus Rudolffus von Nidrist 1714 gestiftetes Gemälde. Es zeigt die Kapellenpatronin und im Hintergrund das legendäre Martyrium der britischen Königstochter Ursula und der 11‘000 Jungfrauen, die bei Köln von Hunnen umgebracht wurden. Dass von Nidrist Hauptmann einer eidgenössischen Kompanie war, mag erstaunen, gehörte doch damals das Fricktal den Habsburgern. Allerdings stand das Gebiet in jenen Jahrzehnten unter dem Schutz der Schweiz, auch 1714, im letzten Jahr des Spanischen Erbfolgekrieges, in welchem sich u.a. Frankreich und Österreich bekämpften. Dank der Neutralisierung durch eidgenössische Truppen blieb das Fricktal vom Krieg verschont.
Eine weitere Besonderheit der Kapellenausstattung ist ein mit zwei Schlössern gesicherter Opferstock. Er stammt noch aus der Zeit Johann Werners. Lediglich der Mönch und der für Münchwilen zuständige Pfarrer von Eiken besassen einen Schlüssel zu einem der beiden Schlösser. Zweimal im Jahr öffneten die beiden gemeinsam den Opferstock und teilten das Geld unter sich auf. (lh)