Kapellen
Sebastians- und Fridolinskapelle, Wislikofen (Ortsteil Mellstorf)
Bischöfliche Einschränkungen
Die kleine Dorfkapelle steht wenige Schritte hinter der alten Mellstorfer Trotte, einem schönen Giebelbau. Geweiht wurde das Gotteshaus am 2. Juli 1789, zwölf Tage vor dem Ausbruch der Französischen Revolution. Das Kirchlein ersetzte eine ältere, baufällig gewordene Kapelle, die nach 1786 teilweise abgebrochen worden war. Für die neue Kapelle erliess das Bistum einschneidende Dekrete. Einige Tage nach der Weihe musste Jakob Rohner im Namen der Mellstorfer schwören, dass für die Kapelle keine Stiftung gemacht und der zuständige Pfarrer von Schneisingen zu keinen Gottesdiensten verpflichtet werden durfte. Verlangt wurde zudem das Beten eines Rosenkranzes an Sonn- und Feiertagen. Heute finden jährlich zwei Gottesdienste statt, wovon einer am 20. Januar, am Sebastianstag, abgehalten wird. Manche Mellstorfer halten so Sebastian in Ehren.
Geschnitzte Rosenkranzgeheimnisse
Das Kapelleninnere ist verhältnismässig hoch, so dass der Einbau einer Empore möglich war. Der Altar soll aus der Kapelle der Schwarzwasserstelz stammen, einer 1875 abgetragenen Inselburg im Rhein unterhalb von Kaiserstuhl. Das Wappen der Tschudi von Schwarzwasserstelz in einer Kartusche im Altargiebel scheint diese Vermutung zu bestätigen, denn die Familie war von 1587–1831 Besitzerin der Burg.
Vier Figuren schmücken den Altar: Die der Heiligen Margareta, Verena, Johannes der Täufer und Maria. Das Altarblatt zeigt eine Kopie des Gnadenbildes Mariahilf aus dem Dom von Innsbruck. Das Besondere am Retabel sind jedoch die geschnitzten Reliefdarstellungen der 15 Rosenkranzgeheimnisse. Rosenranken umfassen die einzelnen Bilder, wobei die Blütenknospen unterschiedlich gefärbt sind: Die Geheimnisse des Freudenreichen Rosenkranzes werden von silbernen, diejenigen des Schmerzvollen und Glorreichen Rosenkranzes von roten beziehungsweise goldenen Knospen begleitet. Die kleinen Kunstwerke werden dem 1700 verstorbenen Bildhauer Johann Friedrich Buol aus Kaiserstuhl zugeschrieben, ganz sicher ist dies jedoch nicht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts diskutierte die Gemeindeversammlung von Wislikofen, zu dem Mellstorf seit 1899 gehört, zweimal über einen Verkauf des Altars. Man gedachte, mit dem Erlös die Finanzen der armen Gemeinde aufzubessern. Dank dem Widerstand des damaligen Pfarrers blieb der Rosenkranzaltar in Mellstorf. (lh)